Im Kriege mehr als irgendwo sonst in der Welt kommen die Dinge anders, als
man sich es gedacht hat, und sehen in der Nähe anders aus als in der Entfernung.
Mit welcher Ruhe kann der Baumeister sein Werk aufsteigen und in seine Zeichnung
hineinwachsen sehen! Der Arzt, obgleich viel mehr unerforschlichen Wirkungen
und Zufällen preisgegeben als der Baumeister, kennt doch die Wirkungen
und Formen seiner Mittel genau. Im Kriege befindet sich der Führer eines
großen Ganzen im beständigen Wellenschlag von falschen und wahren
Nachrichten; von Fehlern, die begangen werden aus Furcht, aus Nachlässigkeit,
aus Übereilung; von Widerspenstigkeiten, die ihm gezeigt werden aus wahrer
oder falscher Ansicht, aus üblem Willen, wahrem oder falschem Pflichtgefühl,
Trägheit oder Erschöpfung, von Zufällen, an die kein Mensch gedacht
hat. Kurz, er ist hunderttausend Eindrücken preisgegeben, von denen die
meisten eine besorgliche, die wenigsten eine ermutigende Tendenz haben. Lange
Kriegserfahrung bringt zu dem Takt, den Wert dieser einzelnen Erscheinungen
schnell zu würdigen, hoher Mut und innere Stärke widerstehen ihnen,
wie der Fels dem Geplätscher der Wellen. Wer diesen Eindrücken nachgeben
wollte, würde keine seiner Unternehmungen durchführen, und darum ist
die Beharrlichkeit in dem gefaßten Vorsatz, so lange nicht die
entschiedensten Gründe dagegen eintreten, ein sehr notwendiges Gegengewicht.
- Ferner gibt es im Kriege fast kein ruhmvolles Unternehmen, was nicht mit unendlicher
Anstrengung, Mühe und Not zustande gebracht würde, und wenn hier die
Schwäche des physischen und geistigen Menschen immer zum Nachgeben bereit
ist, so kann wieder nur eine große Willenskraft ans Ziel führen,
die sich in einer von Welt und Nachwelt bewunderten Ausdauer kundtut.
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